International Summer School South West University (SWU) Chongqing, China

Matthias Schneider – Erfahrungsbericht

An einem Tag im Mai, ich hatte gerade meine Sporttasche für das Training gepackt und noch einige organisatorische Dinge für das bevorstehende Training im Kopf, als unerwartet das Handy klingelt – eine Münchner Telefonnummer.
„Hello, is this Matthias Schneider? Can we speak in English?“ Es war Frau Min Tang, Mitarbeiterin des International Office, welche für die Auswahl der HAM-Teilnehmer für das Summer Camp in China verantwortlich war. Ich war erst einmal baff, mit einem Telefoninterview hatte ich nicht gerechnet und schon gar nicht in Englisch.

Weniger als einem Tag nach dem überraschenden Gespräch in Englisch erfolgte dann die Mail mit der Zusage. Die Vorfreude war bereits jetzt riesig…

Nun galt es also alle organisatorischen Angelegenheiten im Vorfeld der Reise abzuklären – das Visum musste beantragt und der Flug gebucht werden. Durch Austausch der Kontaktdaten aller IUN-World Teilnehmer an der China-Reise entstand eine WhatsApp-Gruppe, in der sich alle Kommilitonen hinsichtlich Flug und allem Anderem austauschen konnten.

Für fünf von acht Teilnehmern der IUN-World war gemeinsamer Treffpunkt Flughafen Franz-Josef-Strauß, München. Binnen weniger Minuten war klar, wir verstehen uns prächtig und das wird eine tolle Reise. Bedenken? Ja klar, die hatten wir sehr wohl. Wie kommen wir mit der landestypischen Küche zu recht? Sprechen die Chinesen Englisch? Wie funktioniert die Kommunikation mit den Teilnehmern aus den anderen Ländern und Kontinenten? Wie sieht die Unterbringung vor Ort aus? Hygiene?

Nach einer knapp 18 h dauernden Anreise wurden wir vom Flughafen in Chongqing abgeholt, zu unserer Verwunderung nicht von Chinesen. Ein Lateinamerikaner, Pablo, und ein Afrikaner, Abdul, beides Studenten am International College der SWU opferten ihre Freizeit, um uns und zwei Studenten aus Tansania am Flughafen in Empfang zu nehmen.

Nach einer knapp einstündigen Fahrt erreichten wir den Campus der SWU. Das Campusgelände war so beeindruckend, dass wir schnell jegliche Bedenken ablegt und bereits jetzt der Meinung waren, dass die Bewerbung für dieses Programm die absolut richtige Entscheidung gewesen war.

Ein eigener Shuttleservice am Campus, 250.000 Studierende, knapp 500.000 am Campus lebende Menschen, ein eigenes Altersheim sowie Kindergarten, Stores, Büchereien und Sportplätzen – das Universitätsgelände war quasi eine eigene Stadt in der Stadt, und das Ganze total im Grünen.

Mein Zimmer war zwar nicht riesig aber absolut ausreichend. Knapp 18 m² inklusive Badezimmer stand zur Verfügung. Jedoch waren alle Zimmer mit eigener Klimaanlage ausgestattet, was bei knappen 35°C und schwülwarmen subtropischem Klima wohl das Wichtigste war.

Gemeinsam mit Tommy dem Vorsitzenden der Studierendenvertretung des International College an der SWU aßen wir in einem kleinen Restaurant unsere erste richtige chinesische Mahlzeit – scharf und lecker. Müde vom Flug und der Anreise ging unser erster Nachmittag zu Ende, der erste offizielle Tag des Summer Camps erwartete uns.

Das Frühstück in der Kantine war typisch chinesisch – für uns eher gewöhnungsbedürftig. Fast alles war frittiert, es gab Nudeln, Frühlingsrollen, Hefe-Reisteigbrötchen und eigentlich nichts glich einem europäischem Frühstück.

8:50 Uhr, Willkommens-Veranstaltung. Die wichtigsten Persönlichkeiten der SWU saß mit uns in großer Runde zusammen, Reden wurden gehalten.
Eine besondere Ehre wurde mir zu Teil, da ich als Repräsentant unserer Hochschule und damit auch Europas die offizielle Fahnenzeremonie begleiten durfte und im Anschluss unseren Gastgebern ein kleines Geschenk überreichen durfte. Uns war bereits jetzt klar, dass dieses Camp von besonderer Bedeutung für die SWU war – mitunter deshalb um sich nach außen zu präsentieren und um internationale Beziehungen zu knüpfen.

Nach einer knapp zweistündigen Führung durch das Campusgelände konnten wir endlich Mittag essen, jedoch nicht wie gewohnt. Nur mit „Chopsticks“ (Stäbchen) „bewaffnet“ hatten wir alle Gerichte auf einer drehbaren Glasplatte vor uns stehen – es wurde in typischer chinesischer Art und Weise alles geteilt. Die Kommunikation mit unseren „Language-Buddies“ und den Vertretern der Hochschule stand im Mittelpunkt. Das Essen jedoch war nicht vergleichbar mit dem Essen aus den uns bekannten All-You-Can-Eat Restaurants – stattdessen Knochen in den Gerichten, 1000-jährige Eier, frittierte Entenköpfe, Schweineschnauzen und vieles mehr, daneben natürlich auch einige normaler wirkende Gerichte.
Komfortzone? Die hatten wir bereits längst verlassen! Genial!

Im Laufe der ersten Tage lebten wir uns sehr gut ein. Viele gemeinsame Ausflüge wie z.B. nach Chongqing Downtown, einer atemberaubenden modernen Stadt mit einer genialen Skyline bei Nacht, brachten uns die Chinesische Kultur und Chongqing näher. Darüber hinaus besuchten wir die Dazu Stone Carvings (UNESCO Weltkulturerbe), den Jinyun Mountain inklusive seiner Taoistischen und Buddhistischen Tempel oder BOE, ein weltweitführendes Unternehmen für die Herstellung von Bildschirmen und Touchscreens jeglicher Art.

Der Unterricht in Chinesisch mit Ms. Liu war wohl unser (fast) tägliches Highlight, auch wenn wir manchmal nicht wirklich wussten, was wir da nun genau lernten. Denn Ms. Liu sprach selten Englisch und ließ uns oft zunächst unwissend über die Übersetzung ins Englische chinesische Worte nachsprechen. Der Satz „Nimen du“ (Lautschrift zu Deutsch: Lest) brannte sich in unser Gedächtnis. Einführungen in Chinesische Traditionen wie Paper-Cutting, Musikinstrumente, Chinesischer Bogenkunst oder Kung-Fu waren eine tolle Abwechslung und lehrten uns die Einzigartigkeit dieses Landes zu schätzen.

Diskussionen zum globalen Arbeitsmarkt, Reflexionen buntgemischter internationaler Gruppen zum Summer Camp, die gemeinsamen nächtlichen Aktivitäten schweißten uns zusammen und halfen uns andere Kulturen, nicht nur die chinesische, zu verstehen, zu respektieren und lieben zu lernen. Alles in allem eine überragende Erfahrung und eine besondere internationale Begegnung.

Die Bedenken? Waren nun alle umsonst. Das Essen, die Kultur, Landschaft und vor allem die hilfsbereiten Menschen waren uns einfach ans Herz gewachsen. Mit den unterschiedlichen Lebensstandards arrangierte man sich, wenn es auch keinen Luxus gab.

Die Teilnehmer und Organisatoren des International Summer Camps sowohl internationale als auch chinesische zähle wir nun wohl alle zu unseren Freunden – ein absoluter Mehrgewinn in unserem Leben.

Ein besonderes Highlight auszumachen fällt wohl schwer, letztendlich war jeder Tag für sich alleine so besonders, dass ich meine Zeit in China wohl als die bis dato bedeutendste und großartigste Erfahrung meines Lebens bezeichnen würde.

Zum krönenden Abschluss der Reise, hatten wir nach 14 Tagen Chongqing noch einen eintägigen ungeplanten Kurzaufenthalt in Shanghai. Das Kuriose daran, zwei Teilnehmer der IUN-World hatten einen Kurzaufenthalt in Peking eingeplant, den wir leider nicht mitmachen konnten, da wir eigentlich bereits am Sonntag zu Hause sein wollten. Nicki und ich hatten eigentlich berufliche oder akademische Verpflichtungen. Jedoch machten uns Air China und das Wetter einen Strich durch die Rechnung, und so kamen wir am Ende nach einem 13 h Kurzaufenthalt in Shanghai und weiteren Verspätungen sogar knapp eine Stunde später in der Heimat an als der Rest… jedoch Shanghai und der Kurztrip in die Stadt war diese Panne absolut wert und am Ende konnte zumindest Nicki trotzdem ihre Prüfungsleistung noch erbringen und ich widmete mich in meiner freien Woche der Masterthesis… 😊

Als Resümee würde ich meine Erfahrungen wie folgt beschreiben:
Weltklasse! Atemberaubend! Amazing! (bàng = super)! Das muss man einfach erlebt haben!